Wiener Mädeln

Freitag, 21. März 2008, 20:30 Uhr
Sonntag, 6. April 2008, 18:30 Uhr

Ö 1945/49; R: Willi Forst, D: Vera Schmid, Hans Moser, Willi Forst, Judith Holzmeister, Curd Jürgens, Dora Komar; 113 Min.

Eine Filmoperette über die Entstehung des berühmten Walzers von Ziehrer (1843–1922), der im Schatten der Familie Strauß stand. Von Willi Forst („Bel Ami“) mit inszenatorischem Charme vor Kriegsende begonnen und danach beendet; erstaunlicher Aufwand an Bauten, Kostümen – und Eskapismus.

Reminiszenzen an den österreichischen Geist

Was man dem fertigen Film nicht mehr ansieht, sind die Umstände seiner Entstehung. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich wurde Willi Forsts Stellung zweischneidig. Die Tobis-Sascha Filproduktionsgesellschaft wurde einige Monate nach dem Anschluss Ende 1938 von den Nazis in die Wien-Film umgewandelt. Die Forst-Film war eine der wenigen Firmen, die sich neben dem Monopol-Betrieb noch halten und als Subunternehmer für die Wien-Film arbeiten konnte.

Mit seinen Themen flüchtete Forst, wie die meisten Filme der Wien-Film, in die Vergangenheit: "Operette" (1940), "Wiener Blut" (1942), "Frauen sind keine Engel" (1943) und "Wiener Mädeln" (1944/49) sind poetische Reminiszenzen an den Geist Österreichs, ohne sich als solche offen zu deklarieren. Willi Forst sagte später auch, dass er seine "österreichischsten Filme" machte, als Österreich nicht existierte.

Viele unverdächtige Zeugen haben Forsts bewusstes Abstandhalten von der nationalsozialistische Ideologie bestätigt. Sein Drehbuchautor Axel Eggebrecht schilderte, dass Goebbels, dem die weichliche Art Forsts ein Gräuel war, ihn über Veit Harlan dazu zwingen wollte, den "Jud Süß" zu spielen. Forst konnte sich durch Ausreden diesem Auftrag entziehen. Auch Curd Jürgens, den er in Berlin für den Film entdeckt hatte, schreibt in seinen Memoiren, wie dankbar er seinem Mentor Forst war, der ihn immer wieder ermahnte, niemals in einem politischen Film mitzuwirken.

Als Willi Forst die "Wiener Mädeln" am Rosenhügel und später in den Barrandow-Studios in Prag drehte, zögerte er die Dreharbeiten immer wieder hinaus, um die Mitwirkenden davor zu bewahren, in einem aussichtslosen Krieg verheizt zu werden. Forst spielte darin selbst die Hauptrolle, den Komponisten Carl Michael Ziehrer.

Die Dreharbeiten mit Curd Jürgens mussten übrigens im Juli 1944 in wenigen Tagen beendet werden, weil man den Schauspieler in letzter Minute doch noch einzieht. Er soll - so heißt es in einer Biographie - sich mit dem Bruder von Gestapochef Kaltenbrunner angelegt haben. Bei den Dreharbeiten lernt er sein 'Wiener Mädel', seine zweite Frau, Judith Holzmeister, kennen.

Bei Kriegsende war Forst im alten Sascha-Studio Sievering gerade mit dem Rohschnitt von "Wiener Mädeln" beschäftigt. Durch die Kriegswirren ging aber ein Teil des Filmmaterials und die orchestrale Untermalung durch die Wiener Philharmoniker verloren. Forst stand also vor den Trümmern seines Films.

Da der Rosenhügel mit seinem Kopierwerk von den Sowjets besetzt war, musste er umständliche Fahrten in ein Farbkopierwerk nach Zürich unternehmen. Im Sommer 1949 erschien in Berlin eine unautorisierte Fassung aus jenem Material, das von den Sowjets in die Ostzone verschleppt worden war. Zu Weihnachten 1949 konnte der Film in Forsts Version endlich in die Wiener Kinos kommen und wurde gebührend gefeiert.

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